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Die Zwerchfellatmung - Kraft aus der Mitte
Ein Hund atmet 30x in der Minute und lebt 18Jahre, ein Mensch atmet 12x in der Minute und lebt 79Jahre und eine Schildkröte atmet 3x in der Minute und wird fast 200 Jahre alt.
Kann ein langsamer Atem lebensverlängernd sein? Im alten Indien wussten die Yogis des Himalayas vom Nutzen einer sparsamen Atmung: Versunken in tiefer Meditation verlangsamten sie ihre Atmung auf 1 bis 2 Atemzüge pro Minute - was im Blut den Sauerstoffgehalt erniedrigt und den Kohlensäurespiegel ansteigen lässt. Der Anstieg des CO2 im Blut wurde bewusst und systematisch eingesetzt, um erweiterte Bewusstseinszustände herbeizuführen.
Beim Joggen ist es ähnlich. Die Kunst besteht darin, mit möglichst wenig Luft gut und lange auszukommen. Der Profiläufer kommt mit viel weniger Luft aus, weil er gleichmäßig atmet, weil sein Blut den Sauerstoff besser aufnehmen kann, weil seine Muskeln weniger Sauerstoff verbrauchen, weil sein Stoffwechsel mit etwas mehr Kohlendioxid im Blut problemlos klarkommt. Sportler absolvieren deshalb oft Trainings in 2000 Meter Höhe - bei diesen "Hypoxietrainings" lernt der Körper den vorhanden Sauerstoff optimal zu nutzen und mit weniger auszukommen.
Erstrebenswert im Alltag und im Sport ist eine Kombination von Nasen- und Zwerchfellatmung. Aufgrund der vielen Informationen über das Thema der Atmung, beschäftige ich mich in diesem Blogartikel vor allem mit dem Zwerchfell. Im nächsten Blogbericht gibts dann noch viel mehr Informationen über die Nasenatmung oder warum optimale Sauerstoffaufnahme Kohlendioxid und Stickoxid braucht usw..
Beginnen wir mit einem Selbsttest zur Feststellung der körpereigenen Sauerstoffversorgung - dem Body Oxygen Level - Test, kurz BOLT - Test.
Der BOLT - Test
Er ist ein nützliches Hilfsmittel um zu ermitteln, ob der Körper gut mit Sauerstoff versorgt wird. Er gibt uns ein recht exaktes Feedback zu unserer maximalen Sauerstoffaufnahme und -verwertungskapazität. Je kürzer der BOLT in Ruhe ausfällt, desto weniger werden unsere Zellen mit Sauerstoff versorgt.
Laut Butyeko, einem russischen Arzt und Wissenschaftler, ist ein BOLT von weniger als 10 Sekunden extrem pathologisch und unter 20 Sekunden immer noch ein Indikator für eine sehr schlechte Sauerstoffversorgung. Erstrebenswert sei ein BOLT von mindestens 40 Sekunden!
Zur Ausführung:
Sie sitzen oder stehen bequem und atmen ruhig, ein paar Minuten lang, bis der Atem gleichmäßig fließt. Dann, am Ende der normalen Ausatmung, halten Sie Ihren Atem an und zählen die Sekunden bis sich der erste Einatemreflex zeigt. Das kann ein Zucken oder ein Ziehen des Zwerchfells in der Bauchregion sein, aber auch ein Engegefühl in der Kehle. Die Zeitspanne, in der Sie entspannt im ausgeatmeten Zustand verharren können, bestimmt Ihren BOLT-Wert. Nach dem Test sollten Sie normal Weiteratmen können - ohne eine Sauerstoffschuld mit einer tiefen Einatmung wettmachen zu müssen.
Denjenigen, der durch sein Testergebnis etwas beunruhigt ist, kann ich beruhigen: Ich war schockiert über mein erstes Ergebnis, da ich gerade mal mit Müh und Not über 10 Sekunden kam!!!! Regelmäßige Atemübungen können diesen Wert aber gewaltig verbessern. Es lohnt sich, Zeit dafür einzuplanen.
Das Zwerchfell und seine Bewegung
1. Warum ist die Zwerchfellatmung der Brustatmung vorzuziehen?
Bei der Brustatmung werden die oberen Rippen hochgezogen, die Lunge füllt sich in ihren oberen Anteilen mit Luft. Bei der Zwerchfellatmung bewegt sich das Zwerchfell nach unten und weitet die Lunge nach unten und in die Weite. Die Lunge füllt sich in ihren unteren Anteilen. Die Lunge ist pyramidenförmig aufgebaut. Mehr als zwei Drittel ihres Volumens befinden sich in der Lungenbasis, nur ein knappes Drittel in der Lungenspitze. Dieser einfache Sachverhalt erklärt schon, warum die Zwerchfellatmung der Brustatmung überlegen ist.
Hinzu kommt dann noch der Blutkreislauf. Die Schwerkraft sorgt dafür, dass deutlich mehr Blut in die unteren Lungenbereiche fließt, das ergibt natürlich auch Sinn, da dort mehr Lungengewebe und mehr Sauerstoff vorhanden sind. Die Lungenbasis wird 5-7 mal besser durchblutet als die Lungenspitze.
2. Die Zwerchfellatmung
Das Zwerchfell ist einerseits der Hauptatemmuskel, andererseits auch der zentrale Muskel im Körper des Menschen. Bei einer ausgeglichenen Körperhaltung leistet er beachtliche Arbeit und zeigt eine enorme Fläche und Ausdehnung auf. Man muss nur mal einen Schlag in die Region unter dem Brustbein bekommen, um zu wissen, wie nutzlos alle anderen Atemmuskeln sind, wenn das Zwerchfell ausfällt.
Das Zwerchfell ist wie ein Regenschirm aufgebaut, dessen Stil in zwei Schenkeln an der Vorderseite der Lendenwirbelsäule und dessen Schirm mit der Brustbeinspitze und rundherum mit den unteren Rippenrändern verbunden ist. Die Bewegungen des Zwerchfells sind denen einer Qualle sehr ähnlich:
Bei der Einatmung bewegt sich die Kuppel nach unten wie eine vollkommen gleichmäßige Pumpe, der Bauch dehnt sich dabei nach allen Seiten gleichmäßig aus, der Mittelpunkt der sternförmigen Ausdehnung befindet sich etwas unterhalb des Nabels.
Bei der Ausatmung bewegt sich die Zwerchfellkuppel wieder langsam nach oben, der Bauch zieht sich wieder von allen Seiten sternförmig nach innen zusammen. Der Mittelpunkt bleibt gleich.
Die Kräfte zwischen Bauch- und Zwerchfellmuskeln stehen im dynamischen Gleichgewicht. Jeder dieser Muskeln ist ständig angespannt, die Spannung entwickelt und verändert sich aber ständig auf unterschiedliche Weise.
Das Ausmaß der Zwerchfellbewegung hängt von der Körperhaltung und vom Training ab. Atemübungen sind dabei die einzige Möglichkeit, das Zwerchfell zu trainieren, manuelle Techniken und Übungen können helfen, Verspannungen innerhalb des Zwerchfells zu lösen.
Übungstipps für eine freie Atmung
"Gefühle und Gedanken kommen und gehen wie Wolken am Himmel, die der Wind vor sich hertreibt. Das achtsame Atmen ist mein Anker im Hier und Jetzt."
Thich Nhat Hanh
Leider kann auch das Zwerchfell hart werden, vor allem, wenn durch dauerhaft schlechte Haltung Brustkorb oder Becken nicht optimal angeordnet sind. Schmerzpunkte entstehen, die Atmungs- und Bewegungsfreiheit leiden, rasch entsteht eine Steifheit im gesamten Rumpf.
Rollen Sie, um Ihr Zwerchfell zu erreichen, mit etwas Druck den Ball am Rand des Brustkorbs entlang. Achten Sie aber darauf, den Solarplexus (am Übergang vom Brustkorb zur Magengrube) auszusparen.
Sehr wirkungsvoll ist diese Übung auch knieend vor einem kleinen Tisch oder Sessel: Der Ball liegt auf der erhöhten Fläche, den Oberkörper darauf sinken lassen. Hier können Sie Ihr Körpergewicht in Verbindung mit dem Atem nutzen, um den Ball tiefer ins Zwerchfell zu drücken. Dazu gleichmäßig ein- und ausatmen.
Ausgangslage: Rückenlage, Beine sind gebeugt und nahe am Gesäß aufgestellt, die Hände sind auf dem Bauch, den Kopf ev. etwas erhöhen. Wenn Sie kein Problem mit dem Blutdruck haben, können Sie diese Übung auch auf einer schrägen Fläche ausführen, den Kopf nach unten, die Füße nach oben, um das Zwerchfell noch mehr zu kräftigen, da es gegen die Schwerkraft arbeiten muss.
1.Schritt: Ein paar Minuten ruhig atmen, stellen Sie sich dabei die Bewegung der Zwerchfellkuppel und der Bauchmuskeln vor (im Blog weiter oben unter "Zwerchfellatmung" beschrieben).
2.Schritt: Bringen Sie nun die Atemzeit mit Ihren Herzschlägen in Einklang, indem Sie ganz allmählich Ihre Ausatmung auf die doppelte Länge der Einatmung ausdehnen. Um das zu erreichen, wird die Atemreichweite - den Punkt, den die ausgeatmete Luft vor ihnen erreicht - auf ein Minimum reduziert.
3.Schritt: Atmen Sie stufenweise: Im Zyklus A atmen Sie stufenweise ein, bis die Lungen vollständig mit Luft gefüllt sind, dann langsam ausatmen mit einer möglichst kurzen Atemreichweite. Der Zyklus B umfasst bei einer normalen Einatmung eine stufenweise Ausatmung: 2 Herzschläge ausatmen - 2 Herzschläge Pause - ausatmen - Pause ... Atmen Sie leise und gleichmäßig.
Ausgangslage: Rückenlage, die Arme liegen am Boden und sind nach oben über dem Kopf ausgestreckt, die Beine sind zusammen.
Ausführung: Dehnen Sie nun so weit wie möglich Ihre Extremitäten in entgegengesetzte Richtungen: Die Hände ziehen nach oben, die Füße nach unten, den Nacken dabei verlängern. Halten Sie die Selbstdehnung fünf lange gleichmäßige Zwerchfell-Atemzüge lang.
Wiederholen Sie die Übung und variieren Sie bei jeder Serie die Position der Füße: Einmal sind die Sprunggelenke gebeugt, einmal gestreckt.
Ausgangslage: Rückenlage, Gesäß und Beine sind an der Wand nach oben gestreckt, die Beine sind zusammen, die Arme liegen neben dem Körper, die Handflächen zeigen nach oben.
Ausführung: Bei gleichmäßiger Zwerchfellatmung bringen Sie nun die Beine wenige Zentimeter von der Wand weg, strecken Sie die Knie, soweit die Spannung erträglich ist, ziehen Sie die Füße an und rollen Sie die Zehen ein. Das Kinn sollte so weit wie möglich eingezogen werden, bringen Sie die Schultern nach unten Richtung Boden.
Machen Sie die Übung 5 Minuten lang, halten Sie dabei die Beine so lange wie möglich von der Mauer weg. Bei Ermüdung immer wieder eine Pause von 10 Sekunden einlegen. Erhöhen Sie mit der Zeit die Dauer der Anstrengungsphase, bis Sie es schaffen, fünf Minuten am Stück die Beine von der Wand weg zu halten. Wichtig ist dabei immer die tiefe langsame Zwerchfellatmung.
Quellen:
"Faszien Release zur Verbesserung der Körperhaltung" von Thomas Myers und James Earl, Rivaverlag, 1.Auflage 2016
"Viszerale Automobilisation" von Marco Bravo, Urban & Fischer, 1.Auflage 2004
"Medical Running" Larsen, Zürcher, Altmann, Trias Verlag, 1.Auflage 2019
"Werde ein geschmeidiger Leopard" von Kelly Starrett, Rivaverlag, 4.Auflage 2017